Sabbatical mit 30 – macht das Sinn?
Die Erleichterung war gross, als ich Ende letzten Jahres meinen Job kündigte. Ich wusste bereits vorher, dass der Moment bald kommen wird, aber würde ich es tatsächlich durchziehen? Das zweite Mal alles kündigen, was es zu kündigen gibt und das mit frischgewordenen 30 Jahren? Quasi den Karriere-Quick-Start gleich wieder abgebremst. Mein Job gefiel mir gut – ich wurde gefordert, hatte Aufstiegsmöglichkeiten, viel Verantwortung und ein mega lässiges Team. Was sage ich genau, wenn sie mich fragen, was ich denn nun mache? Ich muss mich doch rechtfertigen bzw. brauche ich einen guten Grund, diesen Job einfach so an den Nagel zu hängen. Obendrauf kam noch eine Pandemie, in der man doch einfach froh sein musste, eine Arbeit und ein geregeltes Einkommen zu haben. Wirklich der beste Zeitpunkt, um alles hinzuschmeissen?
Ich stecke nun in der (voraussichtlichen) Halbzeit meines Sabbaticals. Ich habe fünf aufregende Monate hinter mir. Ich habe einen Spanisch-Intensivkurs in Málaga absolviert, die dort mit Leidenschaft gefeierte Semana Santa ungläubig bestaunt, habe drei Monate in Teneriffa in einem Hostel gejobbt, einen Vulkan bestiegen, die Nächte draussen am Strand verbracht, meine Kochkünste durch meine internationalen Reise-Buddies erweitert, mein Surfkönnen in Gijón aufgefrischt, bin in den Spanischen Bergen wandern gegangen, habe einen Roadtrip durch das wunderschöne Galizien gemacht und in der Bodega des Grossvaters meiner Reise-Freundin Wein getrunken. Ich bin gar einen Teil des Caminos de Santiago gelaufen und nicht zuletzt habe ich sogar das Matterhorn besucht. Endlich. Neben dem Herumgereise habe ich ein paar kleine Freelance-Mandate übernommen, bilde mich im digitalen Marketing online weiter, baue meine eigene Webseite, und übe fleissig weiter Spanisch. Zudem habe ich Zeit für meine Freunde und Familie. Ich habe Zeit und Energie, meine Whatsapp Nachrichten zu beantworten und mache dies nicht erst nach drei Wochen, wenn das schlechte Gewissen mich durchdringt. Ich habe sogar Zeit, meinen angestauten Papierkram zu erledigen und alles loszuwerden, was ich nicht mehr brauche. Und ich habe Zeit, mich bei alten Freunden zu melden, um nachzufragen, wie es denn so läuft. Ich habe Zeit auch einfach mal nichts zu tun. Ich habe Zeit für alles, was mir gefällt und das fühlt sich so richtig gut an.
Ich möchte diese paar Zeilen nicht schreiben, um euch von meinem tollen Jahr zu berichten. Ich möchte diejenigen ermutigen es mir gleich zu tun, welche auch über eine Auszeit nachdenken. Sehr oft habe ich Sätze gehört wie «Du machst es richtig!», «Ach, das hätte ich auch schon immer machen wollen.» Klar braucht es Mut, diesen Schritt zu wagen und etwas an Sicherheit zu verlieren. Aber der Gewinn ist gross. Einmal kurz durchatmen, einen Perspektivenwechsel, Neues erlernen und kennenlernen, Zeit in sich selbst investieren – die Vorteile einer Auszeit überwiegen. Und wisst ihr, was das Beste ist? Nach all der Zeit, hat man auch wieder richtig Bock zu arbeiten.
Aber erstmals bin ich noch ein bisschen weg...